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Nicht nur, dass ich mit meiner riesigen Kugel mittlerweile extrem auffalle und von allen begafft werde, auch das Mitteilungsbedürfnis der Menschen steigt enorm, wenn sie mich sehen. Es ist also mittlerweile normal, dass mich wildfremde Menschen mit Sätzen wie “huch, hier ist aber jemand kurz vor Blasensprung, was?” begrüßen oder ganz unverblümt fragen “da ist aber nicht nur ein Kind drinne, oder?”.

Alles kein Problem… und manchmal kann ich es ihnen nicht mal übel nehmen. Schließlich sieht es schon lustig aus, wenn eine 1,65m große 50 Kilo Frau auf dünnen Storchenbeinen im Watschelschritt einen 20 Kilo Bauch vor sich her schleppt, der aus der Winterjacke ragt, weil nicht mal mehr Umstandsjacken vernünftig darüber passen. Wenn es denn bei diesen Bemerkungen bleiben würde… aber das ist leider meist nicht der Fall. Denn sobald ich mir ein Lächeln abzwacke und so tue, als fände ich den “Witz” lustig, geht es erst richtig los:

“Hab ich’s mir doch gedacht: Zwillinge! Also die Frau von dem Kollegen meines Cousins, hat ja auch Zwillinge bekommen. Ganz allerliebst die beiden und wenn sie erstmal ein bisschen größer sind, ist das Ganze ja auch gar nicht mehr so anstrengend – weil sie dann ja miteinander spielen können, wissen Sie. Aber davor… puh, da kommt ganz schön was auf Sie zu, kann ich Ihnen sagen! Und dann noch die Geburt… also die Bekannte von mir hat ja ganze 18 Stunden gebraucht und hatte einen Dammriss 3. Grades. Das wünscht man ja wirklich keinem!” …. Hallo? Hab ich was verpasst? Warum erzählt mir eine unbekannte Frau von der Geburt einer über 5 Ecken entfernten Bekannten? Und warum endet ihr Gespräch mit einer solch intimen Information? Vor allem: WER WILL DAS WISSEN? Ganz ehrlich: ICH nicht! Manchmal schießt mir dann in den Kopf, dass ich jetzt auf der Stelle Wehen vortäuschen sollte, um diese Art von Tratschtante zu erschrecken und zu vertreiben. Aber meist nicke ich nur verschämt, setze ein interessiertes Gesicht auf und versuche mich durch irgendeinen Vorwand heimlich davonzuschleichen.

Schwangerschaft – der Freischein um zu viele Informationen zu bekommen

Ich bin jetzt 33 Jahre alt – naja okay, in einem Monat schon ganze 34 (oh Gott, ich werde alt) und wenn ich eins von mir sagen kann, dann definitiv, dass ich nicht prüde oder gar auf den Mund gefallen bin. Im Gegenteil, wenn die Jungs erstmal da sind, werde ich mir häufiger ordentlich auf die Zunge beißen müssen, um manche Dinge vielleicht nicht ganz so herauszuhauen, wie ich es sonst tun würde. Und trotzdem bin ich manchmal geschockt, wie viele Igitt-igitt Themen einem so frei von der Brust an den Kopf geknallt werden, sobald man offensichtlich schwanger ist. “Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, Ihre Plazenta verarbeiten zu lassen – meine Freundin schwört auf die Creme, die daraus hergestellt wurde! Die sah trotz schlaflosen Nächten aus, wie das blühende Leben. Und Sie haben gleich 2 davon, das ist doch ein absolutes Geschenk! Also ich würde mir da an Ihrer Stelle mal Gedanken machen.”

Ahhhhhhhhhhhh, waaaaaaaaaas?? Nein, ich will keine Plazenta in eine Tuppadose stecken und sie mir anschließend ins Gesicht schmieren. Und ich will sie auch nicht in die Pfanne hauen und mir ein köstliches Steak davon braten, das einem wahnsinnig viel Energie gibt und die Fettreduktion antreibt. Baaaah… in Momenten wie solchen, in denen man in diese Gespräche verwickelt wird, muss man sich wirklich anstrengen nicht plötzlich doch noch an akuter Schwangerschaftsübelkeit zu leiden und der redenden Person auf die Füße zu kotzen. Und das, obwohl man ganz schön abstumpft sobald der Bauch wächst: da gehören Themen wie Blähungen, Blasenschwäche und Ausfluss plötzlich zu deinem Alltag. Und die Apothekerin erzählt dir freudestrahlend, dass es auch eine andere Variante der Eiseneinnahme gibt, die nicht so dolle zu Verstopfungen führt, so dass man eventuell sogar den lästigen Hämorrhoiden entkommt. Herrlich, oder? Ich meine, ich bin ja nicht in die Apotheke gewatschelt, um mir ein Mittel gegen irgendein Furunkel am A*** zu kaufen, sondern lediglich, weil ich Eisentabletten besorgen wollte. Nun denn… so ist es nunmal. Sobald man schwanger ist, werden manche Tabuthemen eben als ganz normal angesehen und sobald man kurz vor der Geburt steht, spricht man eben auch über das Abgehen des Schleimpfropfs oder den Geruch von Fruchtwasser. Ich für meinen Teil aber viel lieber mit meiner Hebamme oder einer Ärztin, als mit der Edeka-Verkäuferin.

Vielen Dank, aber die Horrorszenarien in meinem Kopf reichen mir

Noch bin ich tatsächlich entspannt. Ja, wirklich! Obwohl ich in der 36. Woche mit Zwillingen bin und weiß, dass es jederzeit losgehen kann. Aber ich habe ständig das Gefühl, dass sich alle anderen die größte Mühe geben, mich komplett verrückt zu machen, indem sie mir von Dammschnitten, Notkaiserschnitten und anderen Komplikationen erzählen. Und es wirkt tatsächlich. Statt jetzt die letzten Stunden, Tage oder hoffentlich noch Wochen einfach zu genießen, zu chillen und Dinge zu machen, die ich noch kann (okay, das sind tatsächlich nicht mehr viele – aber es gibt schließlich auch Schlimmeres als zu lesen, Filme zu gucken oder zu schlafen), steckt mich mein Umfeld mit deren Neugier und Nervosität an. Und dann sind sie plötzlich da, diese Gedanken: “Oh Gott, was passiert denn, wenn mir wirklich die Fruchtblase allein zuhause platzt? Wer macht dann den Menschen vom Liegetransport die Tür auf? Ich soll mich dann doch definitiv nicht mehr bewegen und nur noch liegen…” oder so absurde Überlegungen wie “sollte ich vielleicht doch noch mal das Bad saugen? Wie sieht denn das aus, wenn die Hebamme zum Hausbesuch kommt und noch Haare in der Dusche zu finden sind?”

Und das sind natürlich noch die harmlosen Vorstellungen. Manchmal spielen sich Szenarien in meinem Kopf ab, die wesentlich blutiger daher kommen. Ab und zu könnte ich mit meinem Kopfkino einigen Spladder-Filmen Konkurrenz machen. Denn mir ist auch klar, dass die Kinder irgendwie rauskommen müssen. Ob durch X Bauchschichten, die gerissen, statt geschnitten werden oder eben auf natürlichem Wege, der dazu führen kann, dass einem quasi der A*** aufgerissen wird. So, nun hast du es. Ich rede schon genauso intim wie wildfremde Menschen im Supermarkt. Und um das Ganze auf den Punkt zu bringen und kurz und bündig abzuschließen: mir ist bewusst, was alles passieren kann und ich kann mir leider auch viel zu viele unschöne Momente vorstellen, aber das Gute ist: ich versuche es nicht zu tun. Und solange mir nicht ständig irgendwelche Erzählungen aufgedrängt werden, funktioniert das auch ganz gut.

Mein Fazit ist also: ich bleibe nun schön mit meinem Dickbauch zuhause, lese mir keine Berichte in Internetforen durch und lasse alles einfach auf mich zukommen. Und keine Sorge – selbst wenn es in der nächsten Sekunde losgeht und mir sämtliche Horroszenarien dieser Welt passieren, ich werde sie dir nicht erzählen und schon gar nicht wildfremde Menschen damit belästigen.

In diesem Sinne: auf eine baldige Zwillingsgeburt, die, egal wie sie verläuft, hoffentlich mit 2 gesunden Grammy Twins endet.

Vorfreude auf die Zwillinge

Deine Janna [bs_icon name=”glyphicon glyphicon-heart”] [bs_icon name=”glyphicon glyphicon-heart”]

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